Dr. Jörg Heiler

Architekt und Stadtplaner, Kempten

Kulturlandschaft? Schönes Land? Kulturlandschaft ist auch die seit Jahrzehnten gebaute urbanisierte und technisierte Stadtlandschaft. Warum? Weil sie das Produkt unserer mobilen, industrialisierten und vor allem pluralistischen und individualisierten Gesellschaft ist. Sie ist Teil unseres Alltags.

Am Anfang einer Diskussion über die Gestaltung unserer Kulturlandschaften steht damit die Anerkennung der Stadtlandschaften. Neben der Pflege tradierter Landschaften besteht die Aufgabe, diese Stadtlandschaften als Lebensraum zu gestalten. Woran scheitern wir aber?

Unsere industrielle Epoche trennt Funktionen, zersplittert Landschaft und löst Stadt und Land auf. Trennung, Homogenisierung und Quantität als Faktoren für den Erfolg einer industriellen Gesellschaft erzeugen jedoch Konflikte. Liegt die Chance in einer neuen, einer urbanen Epoche im Sinne Henri Lefebvres?

Hier wird Quantität durch Qualität abgelöst, das trennende „Entweder Oder“ durch das verbindende „Und“ ersetzt.

Qualität steht hierbei für das „Schöne“. Was sind Qualitäten, die ein „schönes Land“ ausmachen?

Der „differentielle Raum“, der die Gleichzeitigkeit des Ungleichen, das „Und“, an einem Ort ermöglicht, also auch sorgfältige Mischung vermeintlicher Gegensätze ist eine denkbare Qualität. Der „Handlungsraum“ eine andere, die alltägliche Gebrauchswerte, Aktivitäten und Begegnung stimuliert und Landschaft ganz in europäischer Tradition offen hält für Alle. Schließlich der „leibliche Raum“, der die Erfahrung mit allen Sinnen und in der Bewegung von vielfältigen räumlich-architektonischen Phänomenen wie Weite und Enge stärkt, gerade in einer digitalen Welt.

Zweifellos gibt es nur wenige gestaltete Stadtlandschaften. Auch werden dabei andere Räume als die bisher vertrauten entstehen.

Eine große Chance für Bayern.