Prof. Lydia Haack

Architektin, München

In einem Wettbewerb geht es darum die beste Lösung zu erzielen, Sieger zu werden um damit einen Auftrag zu erhalten. Die beste Leistung – eigentlich ein Garant für Qualität. Eigentlich. Denn wir Architekten müssen nun ernüchtert feststellen, dass unser Engagement, sich in Wettbewerbs- und Vergabeverfahren mittels innovativer und emotional ansprechender Entwürfe für eine Bauaufgabe zu empfehlen, nur noch bedingt möglich ist.

Absurde Eignungskriterien als Voraussetzung für die Teilnahme stellen quantitative über qualitative Werte. In logischer Konsequenz führt dies künftig zu einem reglementierten Markt, den wenige, große Bürostrukturen dominieren werden. Und leider auch zu einer vertanen Chance: die der Markterneuerung. Wie sollen frische Ideen, vor allem von den jungen Architekten wahrgenommen werden, wenn diese nicht an den Verfahren teilnehmen können?

Wer kann die Bedingungen für eine Teilnahme noch erfüllen ? Einmal abgesehen von der besonderen Offerte unseres Berufsstandes, immer wieder kreative Höchstleistungen ohne Honorarversprechen zu erbringen. Welches kleine oder gar neu gegründete Büro kann z.B. im Zeitraum von fünf Jahren sechs vergleichbare Referenzprojekte nachweisen um sich für den Bau eines Kinderhauses zu bewerben? Welches mittelgroße Büro hat gar im Zeitraum von drei Jahren zwei bis drei Schulen gebaut?

Das eigentliche Ziel – die beste Lösung für ein Bauvorhaben zu suchen und auszuwählen – tritt bei der heutigen Wettbewerbs- und Vergabepraxis in den Hintergrund. Worum geht es stattdessen? In erster Linie darum, die Anzahl der Bewerber auf ein überschaubares und dadurch zu bewältigendes Maß zu reduzieren. Durch die aufgestellten Bewerbungskriterien eine Selektion vorzunehmen, die eine Risikominimierung vortäuscht. Harte Fakten sollen den Weg zum geeigneten Auftragnehmer weisen. Und doch: Wer kann wirklich beurteilen, welches Büro leistungsstärker ist, wessen Know-how die optimale Betreuung eines Bauvorhabens garantiert? Ist der Inhaber eines kleinen Büros näher am Geschehen, oder verspricht doch der Projektleiter eines großen Büros höhere Sicherheit? Es gibt hierfür keine Antwort, bestenfalls ist eine reine Momentaufnahme möglich. Zur Erinnerung: Gesucht wird die beste Lösung für ein Bauvorhaben! Und diese findet sich nicht in einem vorselektierten, reglementierten Markt, sondern im fairen Wettbewerb aller Beteiligten.

Was muss geschehen? Wir Architekten müssen uns selber helfen – dringend! Durch eine sachgemäße Auslegung und Anwendung von Wettbewerbs- und Vergaberegeln wäre es bereits heute möglich, die Situation deutlich zu verbessern. Unser Berufsstand muss an einem Strang ziehen. Kollegen die Vergabe- und Wettbewerbsverfahren betreuen, die auf Bauherrenseite tätig sind und alle, die sich als Preisrichter zur Verfügung stellen müssen hier im aufklärenden Sinn tätig werden! Auch mit dem vielerorts spürbaren Akzeptanzprobleme, dass Wettbewerbsverfahren teurer sein als eine Direktvergabe, muss mit belastbaren zahlen Abhilfe geschaffen werden. Worauf warten wir noch?