Prof. Zvonko Turkali

Architekt, Frankfurt am Main

Wenn ich an die Gebäude in der Kindheit zurückdenke, die meine Entwicklung besonders beeinflussten, zirkeln die Gedanken um das Elternhaus, die Kirchen und die Schulen herum.

Interessanterweise sind mir bei Schulen weniger die Unterrichtsräume, sondern vielmehr andere Bereiche in Erinnerung geblieben. Ich denke dabei an die Fassade der Häuser und den Zugang, so auch an die Aula, die Turnhalle und ganz gewiss an den Pausenhof. Vielleicht hängt das damit zusammen, dass in diesen Räumen keine Klassenarbeiten geschrieben und keine Noten vergeben wurden und ich zudem gerne Sport machte. Auch damit, dass die Räume samt Pausenhof, aus meiner kindlichen Perspektive betrachtet, großzügig wirkten. Im Nachhinein würde ich sagen, dass ich sehr schöne Schulen besucht habe. Sie alle waren auf ihre Weise besonders, mit eigener Physiognomie und eigenem Geruch. Sie gaben mir ein gutes Gefühl der Geborgenheit. An meine Lehrer erinnere ich mich selbstverständlich auch. Darunter waren viele tolle Menschen, die mich sehr geprägt haben, wofür ich heute noch eine tiefe Dankbarkeit empfinde.

Die prognostizierte Beschleunigung des Bevölkerungswachstums in unseren Ballungsräumen stellt uns einmal mehr vor die Frage, wie wir das Bildungsangebot sicherstellen können. Die in den siebziger Jahren weitgehend vorgefertigten, nach wirtschaftlichen Kennwerten maximierten, funktional determinierten und – leider nicht selten – charakterlosen Modelle können uns als Leitbild nicht weiterhelfen. Die jüngere Geschichte hat bereits gezeigt, dass vor allem diese Schulbauten wenig funktional sind, weil sie in ihrer Rigidität jegliche Flexibilität verbauen, und zudem wenig Freiraum für die individuelle Förderung von Kindern bieten.

Um die notwendigen Einrichtungen schneller verfügbar zu machen, werden kurzfristig vielerorts provisorische Bauten, wie Containeranlagen und Baukastensysteme erforderlich sein. Doch der zeitliche Druck sollte uns nicht daran hindern, nach langfristigen Lösungen zu suchen.
Schulen sind besondere Häuser unserer Kommunen und zwar unter städtebaulichen, architektonischen und freiraumplanerischen Aspekten zugleich. Weil sich die städtebaulichen Situationen jedoch unterscheiden, die pädagogischen Konzepte nicht in Stein gemeißelt sind und die freiräumlichen Anforderungen differieren, gibt es im Schulbau keine Patentrezepte. Jeder Ort ist anders und bedarf einer maßgeschneiderten Lösung.

Die beste Investition unserer Gesellschaft ist die in die Bildung unserer Kinder. Und: Die Architektur der Schulen entscheidet über die Umsetzung der pädagogischen Konzepte und das Zusammenleben von Lehrern, Kindern und Jugendlichen. Beides ist bekannt. Es schadet nicht, es immer wieder zu wiederholen.

Erlauben Sie mir zum Schluss noch eine Randbemerkung: Meine Erfahrungen als Preisrichter bei planerischen Wettbewerbsverfahren in München sind durchgängig positiv. Ihre präzise und gewissenhafte Vorbereitung hat Vorbildcharakter. Die Diskussionen in den Preisgerichtssitzungen folgen einem gemeinsamen Ziel: Welcher Beitrag liefert die beste Lösung für die gestellte Aufgabe? Damit stellen alle Beteiligten des Verfahrens die soziale, kulturelle sowie geschichtliche Dimension von Architektur heraus. Sie machen deutlich, dass die Architektur eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe ist.