Rainer Hofmann

Architekt, Stadtplaner, München

Der Bund Deutscher Architekten zeigt vom 24.11.17 bis 16.1.18 im Kreativquartier eine Ausstellung zum Thema ‚Neue Standards’ – was hat es damit auf sich:

Letzte Woche hatte ich das ‚Vergnügen’ in einer Baubesprechung zu sitzen, in der Bauherr und Planungsteam konsterniert feststellen mussten, dass aufgrund einer Normänderung, die keinen erkennbaren Vorteil birgt, ein siebenstelliger Betrag mehr als gedacht verbaut werden wird und dass es außerhalb des Einflussbereiches von Bauherr und Architekt ist, dies zu verhindern.

Vorletzte Woche hatten wir das Vergnügen einen Anruf eines anderen öffentlichen Bauherren zu bekommen, der bei einer öffentlichen Vergabe den um ca. 400.000,-€ teureren Zweitbieter beauftragen muss, weil der kompetente Erstbieter im Angebot einen minimalen und nach allem Dafürhalten komplett irrelevanten Formfehler begangen hatte.

Gestern hatten wir unsere jährliche Mitgliederversammlung des BDA Bayern und hatten eine wunderbare Diskussion, wie wir versuchen können unsere Arbeits- und Haftungsbedingungen zu verbessern und mit welchen Mitteln wir diese Ziele erreichen könnten.

Wir arbeiten in einem Umfeld zunehmender Verrechtlichung. Um darin zu bestehen müssen wir uns gut aufstellen – das ist unvermeidbar um die Chance zu wahren, dass zu tun was wir, nach meinem Dafürhalten gut können – Qualitätvolles zu planen. Denn dahin streben wir doch; und all unser politisches Wirken und Handeln sollte doch dazu führen, dass trotz der Verrechtlichung des gesamtem BauProduktionsprozesses klar bleibt für was wir stehen – was unsere Ziele und Werte sind. Deswegen müssen und sollten wir uns in diesen Tagen, neben der notwendigen politischen Positionierung, unsere Werte immer wieder klar machen.

Der BDA Bund zeigt mit seiner Ausstellung ‚Neue Standards’ einen Weg, inhaltliche Standards im Bauen von Wohnungen zu vermitteln. An zehn Beispielen wird dargestellt, dass hohe qualitative Standards auch in Zeiten extremer Reglementierung möglich sind. Dies soll nun aber kein Versuch sein, eben diese Überreglementierung zu legitimieren, es soll der Diskussion um einfachere, besser verständlichere Baustandards nur inhaltliche Werte gegenüberstellen.

Mit unserem Beispiel-Projekt wagnis ART zeigen wir in dieser Ausstellung auf, wie wichtig es ist, dass sich gerade bei hochverdichten Projekten Freiräume für den oder die einzelne Bewohnerin ergeben – zum Rückzug einerseits – aber auch um sich In Folge in die Gemeinschaft einbringen zu können.

Gemeinschaft entsteht nicht aus sich heraus – sondern bildet sich aus Individuen die selbige suchen und dafür Raum haben. Der Bedarf an Gemeinschaft entsteht aber erst dann, wenn die individuellen Bedürfnisse nach dauerhaft bezahlbarem Wohnraum gesichert sind.

Und das Entstehen von Gemeinschaft am Wohnort ist doch der gesellschaftspolitische Kit welchen wir, in diesen Zeiten, so dringend benötigen.

Bei der Ausstellung ‚Neuen Standards’ geht es primär nicht um das Reduzieren von Baukosten. Will der Gesetzgeber günstigere Häuser – muss er am Bodenrecht schrauben und die Art wie die Regeln der Technik definiert werden revidieren – hier liegt viel zu viel Einfluss bei Bauindustrie-Lobbyisten und Anwälten.

Wir vom BDA Bayern haben auch dazu mit unserer Broschüre ‚Standards im Wohnungsbau’ einen Denkansatz geliefert, denn was wir eigentlich wollen sollte doch klar sein:

Wir wollen die Möglichkeit behalten, architektonische Qualitäten umsetzen zu können.

Was nun diese Qualitäten sind oder sein können, darüber dürfen wir in einer sich schnell verändernden Gesellschaft nicht aufhören zu diskutieren – dazu soll die Ausstellung ‚Neue Standards’ anregen.