24. Oktober 2016

„Der professionelle Bauherr – ein existentielles Risiko?“

Bauskandale, Kosten und Termine laufen zunehmend aus dem Ruder. Der Berufsstand des Architekten ist in der Krise, Insolvenzverfahren sind an der Tagesordnung, es droht der Baukultur-Bankrott.
BER Flughafen Berlin Brandenburg, gmp Architekten von Gerkan Marg und Partner, Fotograf: Marcus Bredt
BER Flughafen Berlin Brandenburg, gmp Architekten von Gerkan Marg und Partner, Fotograf: Marcus Bredt

Prof. Rainer Hascher
Architekt, Berlin

Der professionelle Bauherr – ein existentielles Risiko?

Deutschland leidet unter einer Lähmung zielführender Planungsprozesse – Kosten und Termine laufen zunehmend aus dem Ruder. Was sind die Ursachen für diese Fehlentwicklung?

Der Verlust der Bauherrenpersönlichkeit

Auf der Bauherrenseite hat sich ein gesellschaftlicher Wandel vollzogen. Es gibt keine wirklichen Bauherren und Entscheider mehr, die sich mit einer Bauaufgabe tatsächlich identifizieren, sondern fast ausschließlich nur noch entscheidungsgehemmte Geschäftsführer mit beschränkter Haftung in Form von Fonds, Bauträgern und Liegenschaftsbetrieben der öffentlichen Hand. Diese Geschäftsführer übernehmen nur noch so wenig wie möglich Verantwortung für Planungsentscheidungen. Ihr vorrangiges Ziel ist die Absicherung ihrer Angestelltenposition und diese erscheint in Deutschland am besten gesichert zu sein, indem eine ständig steigende Zahl von Controllern den Planungsprozess dominiert.

Bei großen Bauvorhaben sitzen den Architekten und Ingenieuren in den Planungsbesprechungen eine größere Zahl an Controllern, Nutzer- und Bauherrenvertretern gegenüber als alle Planer zusammen. Problemlos könnte eine solche Controller-Mannschaft das Haus auch selbst bauen. Stattdessen hat jeder Controller natürlich nur seine Fachsparte im Blick und stellt dafür Maximalforderungen auf. Die Planung verkommt zu einem ineffizienten Absicherungsprozess von Verwaltungsakten. Das daraus entstandene Produkt offenbart trotz hoher Baukosten eine ausgeprägte Durchschnittlichkeit in jeder Beziehung, Terminverzüge gehen Hand in Hand. Wenn am Ende mehr Honorar in das Controlling als in den eigentlichen Planungsprozess fliesst, entsteht ein Teufelskreis mit verheerenden Folgen – zu guter Letzt wird jede Planungseffizienz, aber auch Kreativität systematisch abgewürgt.

Mangel an Teamgeist

Überall dort, wo zeitgemäße Produkte entwickelt werden, ist heute Teamarbeit eine unabdingbare Voraussetzung für den Erfolg. Bauherren, Architekten, Ingenieure und die ausführende Industrie müssen als Team, das das Bauvorhaben als übergeordnetes Ziel vor Augen hat, zusammenarbeiten. Diese Teamarbeit funktioniert in Deutschland seit geraumer Zeit in keinster Weise mehr. Die Großbauvorhaben Flughafen in Berlin und die Elbphilharmonie in Hamburg sind lediglich die Spitze des Eisberges.

Die Juristen haben das Heft in die Hand genommen und kujonieren den Planungsprozess mit fatalen Folgen: Wer sich in diesem Land in einer Führungsposition für ein Großbauvorhaben befindet, versucht, sich in jeder möglichen Weise juristisch abzusichern. Besser nichts unternehmen, was auch nur entfernt angreifbar ist, am besten gar keine Entscheidung treffen. Bürokratisierung wird gefördert, und jede Dynamik wird systematisch unterdrückt. An die Stelle einer innovativen und unabhängigen Elite treten Personen, die sich nur noch oben halten können, weil sie besonders angepasst sind. Scheinbar „juristisch alles im Griff“ und dennoch „im Ergebnis ein Desaster“ ist in der Zwischenzeit deutscher Standard und dient lediglich als Arbeitsbeschaffungsmaßnahme für Juristen und Gerichte.

Die Janusköpfigkeit der Politik

Die Bundesstiftung Baukultur wurde mit Hilfe der Bundesregierung ins Leben gerufen und sollte die Baukultur fördern Jedoch dort, wo es unmittelbar um die Durchsetzung dieser Ziele geht, handeln viele der Bundesländer diesen Zielen bewusst zuwider. Die dort politisch gewollte, jedoch falsche Ausrichtung und mangelnde Besetzung der ehemaligen Hochbauämter, die seit geraumer Zeit in verschiedenen Bundesländern um ihrer scheinbar höheren Effizienz willen in GmbH’s umgewandelt, personell drastisch verschlankt und dabei in der Führungsebene mit Betriebswirten und Juristen neu besetzt werden, hat in der jüngeren Vergangenheit dazu beigetragen, dass Baukosten und Terminabläufe für Bauaufgaben bereits im Vorfeld viel zu niedrig eingeschätzt wurden.

Der zunehmende Einfluss der Juristen in den Bauverwaltungen führte erst vor kurzem durch neue Mustervertragsregelungen der öffentlichen Hand zu einer drastischen Verlagerung von Bauherrenrisiken auf die Architekten. Von jetzt an haften die Architekten auch bei nicht eigenem Verschulden mit ihrem vollen Honorar für alle Kosten- und Terminüberschreitungen. In keinem anderen Land der EU werden Architekten von der öffentlichen Hand durch derartige Musterverträge so geknebelt.

Wie lässt sich diese Situation verbessern?

Die „Reformkommission Bau von Großprojekten“ führt dafür in ihrem Endbericht einen 10-Punkte Aktionsplan auf. Bundesminister Dobrindt verweist in seinem Vorwort dazu leider vor allem nur auf Punkt 10 „Building Information Modelling“ – die ersten 9 Punkte erscheinen ihm nicht weiter erwähnenswert.

Das scheinbare Wundermittel BIM, auf das er so vehement setzt, wird diese Zustände jedoch keineswegs alleine verbessern. Auf die Politik sollten wir uns also nicht verlassen. Die strukturellen Probleme erscheinen so verfahren, dass man an eine Verbesserung des Ist-Zustandes kaum mehr glauben mag. Ich sehe nur eine Chance, die Wende doch noch herbeiführen zu können:

Wir benötigen dringend eine starke gemeinsame „Bundesdachkammer für das Bauwesen“, in der die Ingenieure und Architekten gemeinsam die Interessenvertretung auch auf europäischer Ebene wahrnehmen können. Heute haben wir ein offenes Europa mit zentral gesteuerter Einflussnahme direkt aus Brüssel. Gesplittet agierende, egozentrisch orientierte, dabei finanziell gut aufgestellte Länderkammern und eine mit wenig Mitteln und geringen Befugnissen ausgestattete Bundeskammer sind dafür nicht mehr zeitgemäß. Vor allem sind eine starke juristische Vertretung und eine hervorragend ausgestattete PR-Abteilung zentral auf Bundesebene unabdingbare Bestandteile für eine Veränderung der jetzigen Zustände.

3 Gedanken zu „„Der professionelle Bauherr – ein existentielles Risiko?““

  1. Gedanken anlässlich der Eröffnung der Elbphilharmonie: Die politischen Bauherren bringen die existentiellen Risiken. Die Regierenden auf Ebene Länder und Bund bestimmen in einer einzigartigen Weise über das deutsche Bauwesen. Das wichtigste Ziel bei der Ordnung des Bauens ist es, Bauprojekte auch bewusst verpfuschen zu können, koste es, was es wolle. Die professionellen Bauherren nutzen die Möglichkeiten dieses Bau(Un)wesens eben auch.
    Die Gesamt-Kostenbilanz für die Elbphilharmonie habe ich aktuell in einer Webseite zusammen getragen. Es ist zum Gruseln (https://www.bauwesen.co/elbphilharmonie-kosten). So krumme Bauprojekte müssen nicht sein. Lassen Sie uns Bauen wertvoller machen.

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Joachim Herrmann

Staatsminister des Innern, für Bau und Verkehr, Mitglied des Bayerischen Landtags, Jurist, München

Zusammen mit den Kommunen, Landkreisen und weiteren öffentlichen Gebietskörperschaften ist der Freistaat Bayern mit seiner Staatsbauverwaltung ein professioneller Bauherr.

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Wir sind auch ein wichtiger Auftraggeber: Annähernd jeder zweite Auftrag, den ein freier Architekt erhält, ist von der öffentlichen Hand. Die Bandbreite an Aufträgen für die freie Wirtschaft ist dabei immens. Die Staatsbauverwaltung beauftragt die verschiedensten Fachplaner. Von der Kirchensanierung bis zum Klinikneubau, vom Finanzamt bis zum Forschungslabor, vom Tower bis zum Theater und von der Kaserne bis zum Kunstmuseum, wir sind ein vielseitiger Bauherr.

Wir verstehen uns dabei als zuverlässiger Auftraggeber, der auf Augenhöhe mit den planenden Partnern verhandelt und das gemeinsam zu erreichende Projektergebnis nicht aus den Augen verliert. Und wir schaffen Baukultur, die in Bayern schon immer ein wesentliches Staatsziel war.

An erster Stelle steht, gebrauchsfähige Gebäude zu schaffen, die nicht nur einen Gestaltungsanspruch, sondern insbesondere auch langfristig einen hohen Nutzwert besitzen. Im vergangenen Jahr hat allein der staatliche Hochbau in Bayern für die Bauprojekte von Bund und Land insgesamt rund 1,4 Milliarden Euro ausgegeben. Durch dieses hohe Bauvolumen erhalten wir Arbeitsplätze in Planungsbüros und bei Firmen. Darüber hinaus fördern und beraten wir Bauherren. Allein im Jahr 2015 haben wir Bauvorhaben, wie beispielsweise Kindergärten, Feuerwehrhäuser, Schulen und Krankenhäuser, mit einem Gesamtvolumen von rund 2,5 Milliarden Euro gefördert.

Rund 70 Prozent der Planungsleistungen vergeben wir an Architektur- und Ingenieurbüros – und das nur im Staatlichen Hochbau. Allein im letzten Jahr haben wir knapp 7.500 Verträge geschlossen und rund 187 Millionen Euro in Planerbüros investiert. Planungsaufträge vergeben wir im Wettbewerb. Bei bedeutenden Baumaßnahmen führen wir konsequent Architektenwettbewerbe durch, um die beste Lösung für die angestrebte Bauaufgabe zu erreichen.

Unsere Bürgerinnen und Bürgern wissen, dass wir dabei achtsam mit ihren Steuergeldern umgehen. Wird eine vereinbarte Leistung nicht erbracht, setzen wir unsere Ansprüche konsequent durch, um Schaden von der Allgemeinheit abzuwenden. Die Zahl der Rechtstreitigkeiten, die wir mit Architekten- und Ingenieuren in den letzten Jahren hatten, ist zum Glück aber sehr gering.

Fest steht: In gewohnt guter Partnerschaft werden wir auch weiterhin gemeinsam mit den Planern die Baukultur in Bayern pflegen und ausbauen.

Gerhard Matzig

Journalist und Redakteur, München

Allein im letzten Jahr gab es in Deutschland 127 683 Insolvenzen. Allerdings wurden davon nur vier Verfahren von Architekten angestrengt. Das heißt: Lediglich bei 0,003 Prozent der Pleiten waren Planer betroffen. Das spricht nicht für ein besonders hohes Berufsrisiko.

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Tatsächlich befindet sich der Berufsstand aber in einer Krise, die zwar bislang nur wenige Konkursverfahren hervorbringt, aber das könnte sich erstens schnell ändern; und zweitens droht nun auch der Baukultur-Bankrott.

Der Fall Koch + Partner ist ein aktueller Fingerzeig darauf. Das seit Jahrzehnten erfolgreiche Münchner Architekturbüro, dem Entwurf und Planung des neuen Terminals am Flughafen Franz Josef Strauß zu verdanken sind, hat soeben Insolvenz angemeldet. Norbert Koch beklagt, dass Lufthansa und Flughafen als Betreiber des kürzlich auf grotesk bombastische Weise eröffneten Terminals Honorare von mindestens 900 000 Euro schuldig sind. Die Betreiber verweigern die Zahlung und verweisen im Gegenzug auf eine Liste mit echten oder angeblichen Planungsfehlern der Architekten. Es geht um millionenschwere Nachforderungen. Man sieht sich vor Gericht.

Symptomatisch ist dieser Fall, weil die Konflikte zwischen Architekten und Bauherren zunehmen. Der Münchner Architekt Andreas Meck erzählt, früher habe man sich hauptsächlich ums Entwerfen und Bauen gekümmert – heute diskutiere man vor allem mit Anwälten. Oder Meinhard von Gerkan vom Hamburger Büro gmp: Der lieferte sich im Streit um den Berliner Hauptbahnhof einen spektakulären Prozess mit der Bahn als Bauherrin. Heftige Konflikte gab es auch zwischen der Stadt Hamburg und den Architekten der Elbphilharmonie, Herzog & de Meuron (Basel).

Diesen prominenten Fällen entsprechen jene, die kaum je publik werden, die aber – zumal für kleinere Büros – oft fatal enden. Am Bau herrscht inzwischen ein Rosenkrieg: Bauherren gegen Architekten. Die Stimmung ist gereizt, das Vertrauen dahin. Die Baukultur erodiert.

Zu tun hat der Konflikt mit den jüngeren Bauskandalen und der immer hysterischeren Rezeption des Bauens: Elbphilharmonie, Flughafen Berlin, Pinakothek der Moderne .. .Darunter leidet zunächst einmal die Reputation von allen, die am Bau beteiligt sind. Das schwächste Glied in der Kette der Schuldzuschreibungen ist jedoch der Architekt. Dessen Haftungspflichten werden immer weiter ausgedehnt, während sein durch die HOAI (Honorarordnung für Architekten und Ingenieure) definierter Schutzbereich sowie seine Kontrollmöglichkeiten immer mehr beschnitten werden.

 

Hinzu kommt: Die Bauherren sind selten baukulturell interessierte Partner, sondern oft Manager mit temporärer Zuständigkeit. In der Aufarbeitung der Streitigkeiten zeigt sich: Mehr Bauherren als Architekten verursachen Planungsfehler. Wenn Bauten glücklich zustande kommen, rühmen sich jedenfalls meist die Bauherren. Wenn sie aber scheitern, scheitern die Architekten.

Dieser Beitrag basiert auf einer Veröffentlichung in der Süddeutschen Zeitung (13./14./15.08.2016).

Jürgen Zschornack

Architekt, München

Fragen an den professionellen Bauherrn:

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Durch was zeichnet sich die Professionalität eines Bauherrn aus? Wenn Professionalität die Übernahme von Verantwortung bedeutet und nicht Schuldzuweisung, wenn Professionalität Vertrauen in kompetente Planungsbeteiligte bedeutet und nicht Misstrauen, wenn Professionalität Zusammenarbeit bedeutet und nicht Konfrontation, wenn Professionalität Entscheidungsfreudigkeit bedeutet und nicht Entscheidungsstau, dann bestünde keinesfalls ein existenzielles Risiko.

Es ist eine Frage der richtig oder falsch verstandenen Souveränität und des Selbstverständnisses eines Bauherrn und seiner beauftragten Dienstleister, die ihn vertreten.

Mit folgender Aussage eines Bauherrnvertreters, gerichtet an weitere maßgebliche Vertreter der Bauherrnseite, wurde ich kürzlich konfrontiert:

„Das Projekt wurde kosten- und termingerecht, nicht wegen, sondern trotz des Architekten/Generalplaners fertiggestellt und fristgerecht eröffnet.“

Wir werden zu Tätern gemacht, weil unprofessionelle Bauherrn Opfer brauchen. Von unprofessionellen Bauherrn werden Architekten nicht als Partner wahrgenommen, sondern behandelt wie x-beliebige Auftragnehmer.

Existenziell bedrohlich wird es für den Architekten und die Planer, wenn Bonus-Regelungen in Bezug auf die Honorare mit verantwortlichen Bauherrnvertretern vereinbart werden und diese somit an jedem nicht ausgegebenen Honorareuro verdienen.

Die Flut der Projektsteuerer, mit der sich „professionelle Bauherrn“ heute häufig ausstatten– insbesondere öffentliche Bauherren – schürt einen Kontrollwahn gegenüber den beauftragten Architekten und Fachplanern, erhöht die Baunebenkosten (Kostengruppe 7) und reduziert die Produktivität der Planer, weil die effektive Projektarbeit des Architekten und seiner Fachplaner erheblich reduziert wird. Ein Umdenken auf Bauherrnseite ist erforderlich, um die Effizienz der Projektarbeit aller Planungsbeteiligten zu erhöhen.

„Professionelle“ Bauherren, insbesondere öffentliche Auftraggeber, vereinbaren mittlerweile Generalplanerzuschläge, die nicht höher als 5% sein dürften. Gemessen am Aufwand und an der Verantwortung wäre mindestens das Dreifache nötig.

Die Frage ist: Will die Gesellschaft – auch der öffentliche Bauherr und Auftraggeber – „angloamerikanische“ Verhältnisse? Nämlich Architekten und Fachplaner nur mit der Designphase (Leistungsphase 1-3 und maximal 4) zu beauftragen, um den Rest vom General- oder Totalübernehmer machen zu lassen?

Prof. Dr. Gerd Motzke

Jurist, früherer Vorsitzender Richter am Oberlandesgericht München, Mering

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  1. Generelles zur Streitanfälligkeit des Architektenvertrages

Der Architektenvertrag weist auftraggeberunabhängig im Spannungsverhältnis zwischen dem werkvertraglich geschuldeten Erfolg und dem Preisrecht der HOAI Strukturen auf, die den Architektenvertrag auf der Basis dieses zwiespältigen Verhältnisses prinzipiell streitanfällig machen. Denn für die grundsätzlich handlungsunabhängige Erfolgsverpflichtung steht ein Preis, der gegenteilig gerade handlungsorientiert ist. Die Aufwandsneutralität der Vergütung nach der HOAI und die Abhängigkeit des Architekten von den Wünschen/Vorstellungen und der Entscheidungsfreude/Entscheidungstüchtigkeit des Auftraggebers potenzieren die Streitanfälligkeit.

Denn der geschuldete Erfolg bedingt ein Leistungskonvolut, für das ein erhöhtes Honorar bei fehlender Honorareinigung nur unter den unscharfen Voraussetzungen des § 10 HOAI 2013 durchsetzbar ist. Falsche Begrifflichkeiten wie der Begriff „Leistungsumfang“ in § 10 Abs. 1 HOAI 2013 und die Unsicherheit, welche Voraussetzungen für eine wiederholte Grundleistung nach § 10 Abs. 2 HOAI vorliegen müssen, tun ein Übriges. Dass die HOAI als Preisrecht keine Lösung für die Realität der längeren Planungs- und Bauzeit anbietet, gehört zu den Grundübeln und bedarf dringend einer Lösung, da die Parteien dieses Problem im Allgemeinen nicht regeln. Der Korrekturmöglichkeit über Treu und Glauben (Wegfall der Geschäftsgrundlage) fehlen Berechenbarkeit und Rechtssicherheit.

Eine wissenschaftlich begleitete Bestandsfeststellung und -analyse sind geboten, um Lösungen zu entwickeln und Folgerungen für die Formulierung des Preisrechts zu ziehen, soweit das Preisrecht diese Realitäten zu berücksichtigen hat.

2. Folgen

Primär müssen die Parteien einen allseits interessengerechten Ausgleich suchen. Denn abgestimmte Selbstbestimmung bzgl. absehbarer Störungstatbestände ist die bessere Lösung. Sie ist als vertraglich geregelte Streitvermeidung für einen professionellen Bauherrn anderen „Reparaturmaßnahmen“ vorzuziehen. Denn diesem Lösungsansatz zugrunde liegende „Positionen“ werden im gegenseitigen Einvernehmen „geschliffen“.

Ansonsten gewinnt das „Denken in Positionen“ verstärkt Gewicht und der Einfluss Dritter erhält Bedeutung. Die HOAI als ein Spezialgebiet ruft den Honorarsachverständigen z.B. als Schlichter auf den Plan. Dessen Beurteilung bewegt sich an der Schnittstelle zur Rechtsanwendung, was daran zweifeln lässt, die Problematik allein ihm zu überlassen. Bei den Schlichtungsausschüssen der Architektenkammern sorgt die Beteiligung von Juristen und Architekten/Architektinnen für eine ausgewogene Beurteilung und generell zügige sowie einigungsorientierte Verfahrensdurchführung (durch Dritte geleitete Selbstbestimmung), was freilich verantwortete Selbstbestimmung und Entscheidungsmut voraussetzt.

Ein Urteil in Architektenstreitigkeiten ist zeit- und kostenintensive zweifache Fremdbestimmung durch Sachverständige und Gericht. Gerichtsverfahren kosten Zeit und Geld und nehmen selbstbestimmte Verantwortung ab. Der Zeit- und Kostenfaktor und systemische Unsicherheiten sind für professionelle und marktmächtige Bauherrn wie auch Gerichte einerseits und „schwächere Architekten“ andererseits der Anlass für einen oft „schalen“ Vergleich.

Georg Brechensbauer

Architekt, München

SO SOLLTE ES SEIN. Alle Projektbeteiligten besitzen grundlegende Kenntnisse und verfügen über Qualitäten. Sie strukturieren fachlich-inhaltlich kompetent ihr Vorgehen, sie sind entscheidungsfähig und zielorientiert.

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Es fehlt ihnen nicht an Verantwortungsbewusstsein und Integrität, nicht an Verständnis für die andere Seite. Sie gleichen aus, nach Möglichkeit in kollegialem Miteinander. Die Umsetzung der Aufgabe und die Verwirklichung der Idee sind ihr gemeinsames Ziel.

PROFESSIONALITÄT. Im Grunde ist dies beste Voraussetzung. Nämlich die Summe der erforderlichen Eigenschaften, die Summe von fachlichem und individuellem Können, von Souveränität.

SO SOLL ES NICHT SEIN. Gewinnoptimierung steht allein im Vordergrund. Zielvorgaben werden einseitig ausgerichtet. Statt Qualität wird Schein, statt Beständigkeit wird kurzzeitiges Prestige gewünscht. Und dies aus Mangel an Wissen, Kenntnis, Erfahrung, Kompetenz und Objektivität.

WIE ES OFT IST. Die Beteiligten gehen gemeinsam vor, auch mit harten Bandagen, aber in Kenntnis der Probleme der anderen Seite. Planung und Umsetzung folgen dem Gebot der Wirtschaftlichkeit. Änderungen werden erst auf ihre Konsequenzen hin geprüft und dann ihre Umsetzung freigegeben. Leistung wird entsprechend honoriert. Ziel sind das Einhalten der Vorgaben, die erfolgreiche Umsetzung der Aufgabenstellung, die größtmöglicher Qualität.

WIE ES NICHT SEIN DARF. Der Auftraggeber handelt autoritär und ohne inhaltliche Basis auf Grund von Position und Rang. In laufende Prozesse greift er ein ohne entsprechende Kompetenz und Überlegung. Abhängigkeiten nützt er aus und setzt unerreichbare Zielvorgaben. Dabei nimmt er Verlust und Bankrott auf Seite der Planer und Ausführenden in Kauf. Der Auftraggeber ist damit weit ab von wirklicher Professionalität.

DER PROFESSIONELLE BAUHERR. Professionalität macht ihn zum perfekten Auftraggeber.

DER PLANER. Mit Professionalität kann er gemeinsam mit dem Auftraggeber so gut wie jedes Ziel erreichen. Qualität zählt.

Annette Ipach-Öhmann

Direktorin des Landesbetriebs Vermögen und Bau Baden-Württemberg, Stuttgart

Als Direktorin und Leiterin des Landesbetriebs Vermögen und Bau Baden-Württemberg erhalten Sie von mir, wie nicht anders zu erwarten, ein klares Nein.

Unbestritten sind wir ein professioneller Bauherr.

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Damit meine ich nicht nur die Definitionen 1a und 1b des Dudens:  pro|fes|si|o|nell, Adjektiv – 1a. (eine Tätigkeit) als Beruf ausübend; 1b. als Beruf betrieben; nein, Vermögen und Bau versteht sich als professioneller Bauherr auch im Sinne der Definition 2.: fachmännisch, von Fachleuten anerkannt, benutzbar.

Daraus folgt, dass sich unsere Partner aus der freien Wirtschaft, Architekten, Ingenieure und Fachplaner fachkundigen Auftraggebern gegenüber sehen. Wir wählen unsere Auftragnehmer nach transparenten und fairen Verfahren aus, dabei stehen die Qualität und Fachkunde der Büros im Vordergrund. Die Honorarkosten sind dank einer klaren Honorarordnung eher von nachgeordneter Bedeutung. Damit sind die Weichen für ein faires, konstruktives und wertschätzendes Miteinander gestellt.

Aus Sicht von Vermögen und Bau kommen Bauherr und Planer nur in gutem Miteinander zum Erfolg. Dies ist die grundsätzliche Haltung, die sich in der weit überwiegenden Zahl der von uns realisierten Projekte auch bewahrheitet und auszahlt. Selbstverständlich gibt es in einigen Fällen jedoch auch Differenzen über das geschuldete Honorar. Ein häufiges Problem stellt beispielsweise die Frage der mitzuverarbeitenden Bausubstanz dar. Auch die langen Zeitabläufe eines öffentlichen Bauvorhabens bringen oftmals Störungen mit sich. Ich behaupte aber, dass wir in den allermeisten Fällen in vermittelnden Gesprächen zu Lösungen kommen, die von allen Parteien getragen werden können. Pauschale Schuldzuweisungen, eine Schwarz-Weiß-Malerei, ein schlichtes „Gut“ und „Böse“, gar ein gezieltes Gegeneinander oder der in der Süddeutschen Zeitung von Herrn Matzig vermutete „Rosenkrieg“ wird den komplexen Verflechtungen der am Bau Beteiligten in keiner Weise gerecht.

Der professionelle öffentliche Bauherr kann Probleme, die sich für die freiberuflichen Partner ergeben, erkennen und werten. Dies hat Vor-und Nachteile. Er ist in der Lage, kritische Fragen zu stellen, Antworten und, soweit notwendig, seine Rechte  einzufordern. Er kann jedoch auch hinweisen und unterstützen. Erfahrungsgemäß ist die Kompromissbereitschaft auf beiden Seiten hoch ausgeprägt. Schließlich ist allen Beteiligten klar, dass der Wechsel der Projektpartner im laufenden Planungs- oder Bauprozess in der Regel zu noch größeren Verwerfungen und zeitlichen Problemen führt. Dennoch bleibt als Ultima Ratio die Trennung vom Vertragspartner. Hierfür gibt es gegenseitige Verträge, die jeden der Partner vor unangemessener Willkür schützen.

Starke Partner begegnen sich auf Augenhöhe. Architekten haben das Recht, ihre berechtigten Positionen zu vertreten. Sie haben aber auch die Pflicht, die ihnen übertragene Verantwortung zu übernehmen. Neben allem Streben nach architektonischer Qualität, Baukultur und Nachhaltigkeit gehört hierzu auch die Sicherstellung des Kosten- und Terminrahmens. Für uns als öffentlichen Bauherrn bedeutet dies auch einen verantwortungsvollen Umgang mit Steuergeldern.

Der Architekt, die Architektin, die sich einen „nicht professionellen“, vielleicht gar einen „unprofessionellen“ Bauherrn wünscht, sollte sein bzw. ihr Selbstverständnis hinterfragen.

Prof. Hans Lechner

Architekt, Wien

Seit etwa 20 Jahren sind folgende Trends zu beobachten:

Die Ausbildung der Architekten wendet sich vorrangig den Entwurfsthemen zu. Sie vernachlässigt Konstruktion, Ausschreibung, Organisation der Projekt- und Bauabwicklung.

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Baudirektoren von einst, die noch selbst geplant und gebaut hatten, wurden eingespart oder durch Manager und Verwaltungsjuristen ersetzt.

Die Gewinne der Baufirmen oszillieren um 1-2 % des Umsatzes.

Die Komplexität hat ungeheuer zugenommen. Die Ausschreibungsrichtlinien aus Mitte 1970 hatte für Wohnbauten 800 Positionen – das Standardleistungsbuch für das Bauwesen (StLB) von heute mehr als 30.000.

Die Auftraggeber von heute sind renditeorientiert und suchen den wirtschaftlichen Erfolg auch in der Vertragsebene der Planer. Oft sind Nachlässe oder verdeckte Mehrleistungen wichtiger als die eigentliche Qualifikation. Jeder Auftraggeber meint, da ist nur sein Projekt, in dem er die Planer runterhandelt. In Gesprächen zwischen Auftraggebern wird mit Rabatten beeindruckt, statt über Qualifikationen zu reden.

Immer wenn über Partnerschaft geschrieben oder gesprochen wurde, stecken Feindschaft und Missgunst drin, anstatt die notwendige Wertschätzung aufzubauen, die die wesentlichen Voraussetzung für den Projekterfolg wäre.

All das wird in den Hochschulen nur selten gelehrt. In der Büropraxis werden die jungen Kollegen davon ferngehalten, nur wenige haben das Talent, intuitiv einen Weg durch die Untiefen zu finden. Reden wir nicht über Architektur an sich, reden wir über die Frage, wie man sie produziert und wie wir die Branche so aufrüsten können, dass wir in der Lage sind, in professionellen Bauherren keine Feinde zu sehen, sondern wie wir ihre Partner werden.

Architektur ist eine nonverbale Kulturleistung. Wir arbeiten in Räumen und Materialien, nicht in Worten wie Journalisten oder Anwälte. Wir müssen lernen das, was wir tun, nicht aus der Architektur, sondern in Worten zu erklären. In Worten, die bei den „professionellen Bauherrn“ ankommen und angenommen werden. Formulierungskunst ist auch eine Form der Gestaltung. Vieles, was unsere Branche von sich gibt, klingt für die Aussenwelt wie „DaDa“, selten so gut wie der „Lattenzaun mit Zwischenraum“. Nach 15 Jahren als Hochschullehrer an einer Technischen Universität meine ich, dass wir zum Entwerfen auch Deutschaufsätze (Aktenvermerk, Verträge, …) unterrichten sollten.

Rainer Post

Architekt, München

Architekten verantworten einen besonderen Wert für unsere Gesellschaft: Wir erschaffen oder erhalten Gebäude, entwerfen Arbeits- und Lebensräume und prägen die gebaute Umwelt.

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Dabei sind wir zudem die Treuhänder unseres Bauherrn, von uns hängt im großen Maße auch der wirtschaftliche Erfolg seiner Investitionen ab. Zugleich haften wir mit unserer beruflichen Existenz auf Grund des veralteten Werkvertragsrechts selbstschuldnerisch für die „erfolgreiche Errichtung des Werkes“. Wir werden zusammengezwungen in einer Haftungsgemeinschaft mit den anderen Planungsbüros und den ausführenden Firmen, auf deren Auswahl durch den Bauherrn wir nur selten Einfluss nehmen können und die im Gegensatz zu uns meist ausschließlich wirtschaftliche Interessen haben.

Erhalten wir Architekten für unseren auch gesellschaftlich relevanten Einsatz die dementsprechende Wertschätzung? Wenn Honorierung der wichtigste Indikator für Wertschätzung von Arbeit in unserer Gesellschaft darstellt, dann rangieren die Architekten im unteren Drittel der Wertschätzungsskala – gerade noch vor den sozialen Berufen, jedoch weit abgeschlagen zu den Ingenieurwissenschaften oder gar zu den sonstigen freien Berufen wie Ärzten, Rechtsanwälte, Steuerberater oder Notaren.
Auch wenn die vergangene Novellierung der Honorarordnung nach Jahrzehnten Stillstand endlich eine Anhebung der Honorierung erzielte, sind die Architekten doch noch weit von den Löhnen anderer Berufsgruppen entfernt. Die Stundensätze von IT-Beratern oder auch Automechanikern können für unsere angestellten Mitarbeiter bei den Bauherrn und insbesondere bei den professionellen Bauherrn nicht durchgesetzt werden. Trotz einer hochqualifizierten Berufsausbildung und einer teuren Ausstattung der Arbeitsplätze, verursacht durch die Digitalisierung auch der Planung.
Auf der Gegenseite sehen sich die Architekten durch die bauherrnfreundliche Rechtsprechung und die mögliche Haftung auch für die komplette Ausführungsseite ständig steigenden Kosten für Haftpflichtversicherung ausgesetzt. Auch die zunehmende Bürokratisierung führt in der Verwaltung eines Architektenbüros zu immer höheren Kosten. Die Flut von neuen Gesetzen und Verordnungen, die ständige Überarbeitung der Normierung und sonstige bei der Planung zu berücksichtigenden Vorschriften verlangen einen ständigen Einsatz, der von kleineren Büros kaum mehr getragen werden kann. Dabei wurde und wird die Haftung, auch bedingt durch die Deregulierung innerhalb der staatlichen Behörden,  auf mehr und mehr Bereiche ausgedehnt.

In diesem Spannungsfeld ist es unablässig, dass eine vertrauensvolle Zusammenarbeit zwischen den Bauherrn/Auftraggebern und ihren Architekten wie auch mit den Fachplanern herrscht. Nur diese garantiert einen erfolgreichen und konstruktiven Planungs- und Bauprozess und somit den erfolgreiche Abschluss eines Projektes – für alle Seiten.

Dieses Verhältnis wird in zunehmenden Maße von manchen „professionellen“ Bauherrn gestört: Einerseits durch vorgefertigte Vertragsmuster, in denen besondere und zusätzliche Leistungen ohne Honorarausgleich verlangt werden. Andererseits werden Zahlungen berechtigter Honorarforderungen, unter der Behauptung vermeintlicher Planungs- und Überwachungsfehler, verschleppt, bis hin zur vollständigen Zahlungsverweigerung. Dies erfolgt meist zu Ende eines Projektes, wenn die Bauherrenseite meint, den Architekten nicht mehr unbedingt zu brauchen.

Hierbei wird der Untergang des Architekturbüros bewusst in Kauf genommen. Hat man damit doch einen Schuldigen für die bei einem komplexen Bauvorhaben immer auftretenden Schwierigkeiten gefunden und kann auf die Art und Weise von eigenen Versäumnissen in der Wahrnehmung der Bauherrenaufgaben ablenken, gerade wenn übergeordnete politische Gremien mit im Spiel sind.
Zu beobachten ist dabei, dass oftmals die Auftraggeberseite nicht mehr ausreichend mit Fachkunde besetzt ist, die notwendige Mitwirkungspflicht des Bauherrn, gerade bei relevanten Entscheidungen, nicht mehr oder nur zum Teil und dann mit terminlichen Verzögerungen wahrgenommen wird. Falsches Verständnis der vertraglich vereinbarten Leistungsbilder des Architekten, gerne an der Schnittstelle zu den Fachplanungen oder ausführenden Firmen, führt dann zu Mängelbehauptungen.

Diese werden oftmals von sogenannten Fachleuten unterstützt, die der Auftraggeber zu der Unterfütterung seiner Position hinzuzieht. Diesen liegt natürlich schon aus wirtschaftlichen Gründen nicht an einer schnellen und reibungslosen Beilegung der Auseinandersetzung. Im Gegenteil, mit teilweise haarsträubenden Behauptungen wird der Prozess weiter befeuert. Die Architekten sind gezwungen, diese Behauptungen meist unter Zuzug anwaltlicher Hilfe zu wiederlegen. Die damit verbundenen zusätzlich auflaufenden Kosten für Rechtsanwälte und evt. Gerichtsverfahren können die meisten Büros auf Grund der geringen Kapitaldecke nicht über längere Zeiträume durchstehen.

Zur Absicherung müssen bereits im Vorfeld alle Planungs- und Entscheidungsprozesse umfassend dokumentiert werden, was in den letzten Jahren zu einem enormen Arbeitsaufwand geführt hat, der die Architekten in ihrer eigentlichen Arbeit mehr und mehr behindert. Wenn weiterhin planerische Qualität für das Errichten guter Gebäude mit einem angemessenen wirtschaftlichen und terminlichen Rahmen umgesetzt werden soll, muss das Bewusstsein für eine gegenseitige Wertschätzung, ein Respektieren der Interessen des Anderen und eine ausreichende direkte Kommunikation vorhanden sein.
Ausblick: Die vertragliche Vereinbarung einer qualifizierten Schlichtungsstelle, wie die Schlichtungsausschüsse  der Architektenkammern, verhindert langwierige und teure gerichtliche Verfahren und ermöglicht eine schnellere Beilegung von Streitigkeiten.
Eine Professionalisierung aller Beteiligten, aber insbesondere auch der Auftraggeberseite ist ebenfalls von Nöten. Vorbild hierfür können die staatlichen Bauverwaltungen sein, die leider im Zuge der Deregulierung in vielen Bundesländern stark reduziert wurden. Hier in Bayern ist der staatliche Bauherr mit der Obersten Baubehörde und den staatlichen Bauämtern im Vergleich zu anderen Bundesländern noch sehr gut organisiert. Nur eine qualifizierte Ausbildung garantiert einen Qualitätsstandard als Bauherrnvertreter, der seine Rolle einnehmen kann und fachlich auf Augenhöhe mit den Architekten kommuniziert. Gerade in Zeiten der baukonjunkturellen Hochzeit mit aus- bzw. überlasteten Firmen, harten Auseinandersetzungen um Ausführungsqualität und Terminen auf der Baustelle ist das gegenseitige Vertrauen zwischen dem Bauherrn und seinen Planern eine Notwendigkeit, um Projekte technisch, terminlich und wirtschaftlich im Rahmen zu halten und auch gestalterische Qualität umzusetzen.

Susanne Birk

Ressortleitung Bauwesen und Kunst, Erzdiözese München und Freising, München

Bauen birgt für alle Projektbeteiligten Risiken. Aus der Sicht des Bauherrn zählen hierzu insbesondere Risiken durch Kostensteigerungen, Bauzeitverlängerungen sowie Mängel in Planung und Ausführung.

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Für die durch den Bauherrn beauftragten Architekten und Fachplaner stehen bei der Betrachtung möglicher Risiken eigene Fehlplanungen im Fokus. Daraus resultierende Konsequenzen bestehen unter anderem in möglichen Regressansprüchen des Bauherrn und eigenen Kostensteigerungen durch notwendige Umplanungen und entstehende Bauzeitverlängerungen.

Der professionelle Bauherr hat eigene Baukompetenzen und setzt diese bei seinen Projekten sachkundig ein. Hierdurch ist dieser auch in der Lage ein umfassendes Risikomanagement zu betreiben, welches es ermöglicht Risiken zu erkennen, zu bewerten und durch Gegenmaßnahmen zu minimieren.

Existentielle Risiken entstehen immer dort, wo professionelles Handeln fehlt. Es ist daher wichtig, dass mit der Initiierung des Projektes die Zielstellung klar definiert ist, und daraus folgend die notwendigen Projektstrukturen geschaffen werden. Dabei liegt der Schwerpunkt auf einem ganzheitlichen und vernetzten Projektmanagement, das auch das Risikomanagement integriert.

Der kirchliche Kulturauftrag erfordert bei Baumaßnahmen in besonderem Maße die Professionalität aller Projektbeteiligten. Kirchliches Bauen bedeutet insbesondere auch den Erhalt der Jahrhunderte alten Baukultur. Kirchliche Bauten, als dem zentralen Ort der Seelsorge, haben einen hohen Symbol- und Identitätswert. Auch gilt es, aktuellen Herausforderungen an das moderne Bauen gerecht zu werden, um Räume für zeitgerechtes Zusammenleben zu gestalten. Hier steht oft nicht nur die einzelne Baumaßnahme im Vordergrund, sondern vielmehr ein komplexer Kontext an gestalterischen, städtebaulichen, denkmalpflegerischen und bautechnischen Fragestellungen.  Damit dies gelingt, ist es erforderlich auf jede einzelne Bauaufgabe spezifisch und mit viel Fingerspitzengefühl für den kirchlichen Kontext einzugehen. Ein professioneller Bauherr benötigt hierfür ein komplex und interdisziplinär denkendes, proaktives Projektteam mit Feingefühl für das Bauvorhaben.

Unterschiedliche Bauaufgaben erfordern immer wieder eine individuell zugeschnittene Auswahl von Architekten und Fachplanern. Die jeweilige Eignung sollte dabei ehrlich und gründlich von beiden Seiten, vom potentiellen Auftragnehmer und vom kirchlichen Auftraggeber analysiert, geprüft und entschieden werden. Die Definition klarer gemeinsamer Ziele sowie die Kenntnis vorhandener Risiken sind entscheidend für den erfolgreichen Verlauf der Baumaßnahme.

Veränderungen während der Planungs- und Bauphase können erforderlich sein, um langfristig pastoral, baulich und wirtschaftlich die beste Lösung zu erzielen. Bringt die Umsetzung der geänderten Ziele monetäre Restriktionen und damit einhergehend Auswirkungen auf qualitative Anforderungen oder Termindruck mit sich, so sind Konflikte die Regel. Umso wichtiger ist dann eine nachvollziehbare, transparente Kommunikation und Dokumentation durch alle Beteiligte.

Klar definierte Ziele, ein integriertes Projekt- und Risikomanagement sowie ein auf die konkrete Baumaßnahme abgestimmtes Projektteam, welches vollumfänglich kommuniziert und dokumentiert, sind die Grundlage für verantwortungsvolles und damit professionelles Handeln aller Projektbeteiligten. Dies kann somit nicht zu existenziellen Risiken führen.

Bernhard Fritsch

Geschäftsführer Wolfgang Ott Freies Versicherungsbüro, Stuttgart

Die Zeiten, in denen sich Bauherren und Architekten auf Augenhöhe begegneten, sind lange vorbei. Heutzutage übernehmen mehr und mehr spezialisierte und vom Auftraggeber eingesetzte Juristen die Vertragsverhandlungen und setzen vielfach für den Architekten ungünstige Klauseln ein.

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Vermehrt wird in den Verträgen versucht, sämtliche Risiken, wie das Entstehen von Mehrkosten oder selbst das Einhalten von knapp kalkulierten Terminen, dem Architekten aufzubürden. Da dieser in den meisten Fällen ja als „Techniker“ agiert, kann er mangels juristischer Fachkenntnisse die Tragweite der Vereinbarungen nur selten in vollem Umfang ermessen. Wir empfehlen deshalb dringend, Verträge vorab mit einem Fachanwalt für Architekten- und Baurecht prüfen zu lassen.

Vermehrt stellen wir fest, dass insbesondere bei Aufträgen der öffentlichen Hand der Architekt im Bereich der Vereinbarung einer Kostenobergrenze/Kosteneinhaltung als Beschaffenheitsvereinbarung nicht nur für seine eigenen DIN 276 300-400 Kosten, sondern auch oftmals für die Kosten der Fachplaner nach DIN 276 500-700 Kosten, die Verantwortung übernehmen soll. Hierbei handelt es sich um ein erhebliches Haftungsrisiko der Architekten für Fachleistungen anderer am Bau Beteiligter, die er selbst oftmals gar nicht beeinflussen kann.

Architekten haben Anfang des Jahres 2015 in Berlin den Verein Fairtrag e.V. gegründet mit dem Ziel, sich gegen existenzbedrohende Regelungen in den Standardverträgen der öffentlichen Hand zur Wehr zu setzen (siehe Klage gegen die Bundesrepublik Deutschland unter www.fairtrag.de).

Die beste Risikoabsicherung für Architekten ist sicherlich das Bestehen einer Berufshaftpflicht-Versicherung. Wie bei jeder Versicherung sind entsprechende Ausschlusstatbestände zu beachten, welche insbesondere im Bereich der Kosten und Termine liegen.

Wir vom Büro Ott sind mit dieser Thematik vertraut und für Architekten ist es äußerst wichtig, den Versicherungsschutz gerade im Bereich der Kosten und Termine auf den Architekten-/ Generalplaner-Vertrag mit den Bauherren abzustimmen und ggf. auch auf nicht versicherte Risiken hinzuweisen, damit diese im Vertrag mit den Bauherren minimiert werden können.

Mit Übertragung der Leistungsphase (LPH) 9 besteht eine um 5 Jahre verlängerte Gewährleistung und somit eine Haftungszeit für Schäden am Bauwerk von insgesamt bis zu 10 Jahren.

Versuchen Sie, die Leistungsphase 9 von den übrigen Leistungen 1 – 8 abzukoppeln oder zwei separate Verträge abzuschließen, einen Vertrag für die Leistungsphasen 1 bis 8 und einen separaten Vertrag für die Leistungsphase 9.

Wichtig und unbedingt zu beachten:

Zu jedem Bauvorhaben ein geologisches Gutachten beauftragen.

Zudem hat sich ein partnerschaftlicher Umgang mit allen am Bau Beteiligten als zielführend er-wiesen. Nichts destotrotz können im Fall einer gesamtschuldnerischen Haftung – bei Konkurs bauausführender Unternehmen – oftmals zu hohen Haftungssummen für den Architekten führen.

Wir raten dazu, vor Beauftragung eines jeden bauausführenden Unternehmers die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit zu prüfen und Bauleistungen nur an solide arbeitende und solvente Handwerker zu vergeben.

Für die Risikominimierung der Architekten ist es wichtig, im Architektenvertrag mit dem Auftrag-geber wirksame Haftungsbegrenzungen zu vereinbaren und als Empfehlung sollte die Deckungs-summe der Berufshaftpflicht-Versicherung ca. 20 % der Baukosten betragen.

Für den professionellen Bauherrn und dessen Anwalt ist der Architekt der beste Partner, Schadenersatzforderungen geltend zu machen, weil er im Hintergrund über das Bestehen einer Berufshaftpflicht-Versicherung den weitestgehenden Versicherungsschutz aller am Bau Beteiligten genießt.

Wieland Petzoldt

Architekt und Generalplaner, Dresden

Ein wenig beliebtes Akquisitionmittel für Architekten ist die Kaltakquise. Um so erfreulicher war dann ein Anruf aus dem Hochbauamt, ob man nicht vorbeikommen möchte, sie hätten da ein interessantes Projekt.

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Der Auftrag war keiner der üblicherweise für kleine Büros bereitgehaltenen Aufträge aus dem Bauunterhalt, sondern es war endlich einmal ein richtig angemessener Auftrag. Die Vorplanung für die Sanierung einer Grundschule mit zweigeschossigem Erweiterungsbau als Neubau und Turnhalle. – Toller Auftrag, dachte ich mir.

Nicht lange, und der Auftrag entpuppte sich als Honorarvernichtungsmaschine. Die mit dem Auftrag ausgereichte Aufgabenstellung, die anfangs einen vollständigen Eindruck machte, und wir glücklich waren, überhaupt mehr als ein A4-Blatt in der Hand zu halten, war schlicht mangelhaft. Absprachen mit den Genehmigungsbehörden, die im Vorfeld vom Hochbauamt eigenständig vorgenommen wurden, fanden nicht oder nur unzureichend statt. Gespickt wurde das Ganze mit einem wöchentlichen  Sitzungsmarathon abwechselnd mit Fachingenieuren oder dem Leiter des Hochbauamtes.

Dazu kamen Vorstellungsrunden bei den Genehmigungsbehörden, im Rahmen derer jede Behörde immer wieder neue und zum Teil konträre Forderungen stellte, die von Anfang an zum Scheitern verurteilt waren. Selbst der Bauherr kam ständig mit neuen Forderungen, die weder im Bestand integrierbar waren noch in das vorgegebene Kostenbudget passten. Nach endlosen Vergleichen von Planungsvarianten und Kostenvergleichen scheiterte schließlich das Projekt.

Was war passiert? Die an uns Architekten und Planer herangetragene Aufgabenstellung war schlicht unzureichend und erfüllte nicht den Anspruch an eine Bedarfsplanung, wie es für die öffentliche Hand bei solchen Projekte üblich und notwendig ist, um zielführend zu sein. Diese Lücke sollte durch die endlosen Sitzungen und Planungsvarianten geschlossen werden, Damit aber konnten die unterschiedlichen Auffassungen der Behörden nur unzureichend strategisch und zielführend bearbeitet werden. Erschwerend kam hinzu, dass selbst auf Seite des Bauherren unterschiedliche Erwartungen hinsichtlich des Projekts vorhanden waren. Im Ergebnis wurden alle Planer an der eigentlich schönen Aufgabe zerrieben, um zu definieren, was der Bauherr möchte.

John Höpfner

Architekt, München

Der institutionelle Bauherr – ein existentielles Risiko?

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– Im klassischen Auftragsverhältnis stehen sich Architekt und Bauherr partnerschaftlich auf Augenhöhe gegenüber, der eine hat den Bedarf, einen Bauplatz und die Mittel, der andere sein Können, das er dem Bauherren für die Umsetzung in ein ‚Werk‘ treuhänderisch zur Verfügung stellt, und zwar verantwortungsvoll gegenüber dem Bauherren und der Gesellschaft. Beide, Architekt und Bauherr haben ein gemeinsames Ziel, das sie mit gleicher Aufmerksamkeit verfolgen.

Heutzutage steht dem Architekten oftmals eine Institution als Auftraggeber gegenüber, die den eigentlichen Bauherren mit der Übernahme seiner Aufgaben im Planungs- und Bauprozess entlastet, die eine kaufmännische und rechtliche Absicherung seiner Interessen übernehmen und eine wirtschaftliche Optimierung über das Bündeln von Bauvorhaben ermöglichen soll. Diese Institution gestaltet ihre Prozesse und die eigene Organisation so, dass sie dieser Aufgabe umfassend gerecht werden kann, professionell und verlässlich, als Partner für den eigentlichen Bauherren und den Architekten. Die Projektabwicklung wird dazu strukturiert, aufgeteilt nach Zuständigkeiten und Prioritäten, das Bauvorhaben in ein abstraktes Regelwerk eingepasst und so kontrolliert in einer Abfolge von Entscheidungsketten abgewickelt. Um die langfristige Erfüllung der Aufgabe gegenüber dem Auftraggeber zu gewähren, wird von der Institution die Stärkung der eigenen Position und das Vermeiden von Gefährdungen juristisch verlässlich abgesichert. Darüber wird es möglich zur eigenen Entlastung Verantwortung, grundsätzliche Risiken und potentielle Kosten auszulagern, Vertragspartnern aufzubürden oder der Gesellschaft insgesamt zu verantworten. Damit allerdings liegt das Augenmerk der Institution als Bauherr nicht mehr ungeteilt bei der ursprünglichen Aufgabe, sondern zunehmend bei der Wahrung eigener Interessen.

Dem Architekten, der unverändert dem Regelwerk des Werksvertrags, der Koordinationspflicht, Kostensicherheit, der gesamtschuldnerischen Haftung unterliegt, steht damit eine Institution als Bauherr gegenüber, der es möglich ist, sich der Erfüllung der ursprünglichen Aufgabe ohne eigene Konsequenzen zu entziehen, versehentlich, fahrlässig oder sogar gezielt. Das betrifft unter anderem Vergabeverfahren, Vertragsvorlagen oder das Unterlassen der Mitwirkung. Dieses Ungleichverhältnis zwischen institutionellem Bauherr und Architekt ist absurd, es steht im Widerspruch zur eigentlichen Aufgabe und wird bei Missbrauch zum existentiellen Risiko für den Berufsstand der freien Architekten.

Sicherlich könnten sich nun ‚die Architekten‘ als ‘Institutionen’ selbst reformieren, und gleichermaßen neoliberal ‘entlastet’ an diese Entwicklung anpassen. Das wäre eine Entwicklung hin zu vorwiegend profitorientiert arbeitenden Großstrukturen, losgelöst von beispielsweise einer gesellschaftlichen Verpflichtung und den Rahmenbedingungen eines Baukammergesetzes. Nur, was wäre die Konsequenz für den Berufsstand, die Gesellschaft, eine lebendige Baukultur und für eine lebenswerte Umwelt?

Wünschenswert wäre eine Mitverantwortung und Haftung der institutionellen Bauherren, mit gleichrangiger Erfüllung aller an die Architekten gestellten Erwartungen und Richtlinien (HOAI, …), das Schaffen auskömmlicher und lösungsorientierter Rahmenbedingungen, sowie ein personeller Sachverstand und fachliches Augenmaß auf allen Ebenen, vom Sachbearbeiter bis zur Leitung im Sinne einer partnerschaftlichen Zusammenarbeit. Dieses könnte im Rahmen einer freiwilligen Selbstverpflichtung erfolgen, mit einem Ehrenkodex der institutionellen Bauherren, der vom kleinen Bauamt, großen Behörden, halbstaatlichen Gesellschaften, kommerziellen Projektbetreuern und den Bauabteilungen von kleinen bis großen Konzernen gleichermaßen, wie ein Gütesiegel, mitgetragen wird.

Das würde die Zusammenarbeit zwischen Bauherren-Institution und Architekten wieder auf eine gemeinsame Augenhöhe bringen, ein zielorientiertes Arbeiten befördern, wäre ein wichtiger Beitrag zur dauerhaften, erfolgreichen Berufsausübung für die freie Architektenschaft und eine Sicherung des qualifizierten beruflichen Mittelstands. Vor allem aber wäre es im Interesse der Allgemeinheit, denn die kleinen, mittelständischen Büros engagieren sich für Baukultur und eine lebenswerte Gestaltung unserer gebauten Umwelt, für eine Qualität, die nicht etwas ‘Abstraktes’ darstellt, sondern ganz konkret Lebensqualität für alle bedeutet.

Prof. Dr. Falk Jaeger

Architekturkritiker, Berlin

Baukultur – klingt gut, die Gedanken schwelgen in hochkulturellen Sphären, assoziieren Parthenon und Pantheon, Sankt Peter und Sankt Petersburg, Mies und Loos, Bilbao und Piano.

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In den Feuilletons faszinierende Museen und elegante Konzerthallen, atemberaubende Brücken und faszinierende WM-Stadien. Die Stiftung Baukultur aber holt uns wieder in die Realität zurück. Baukultur ist Baupolitik und Soziologie, ist Städtebau und Nutzungsvielfalt, ist Nachhaltigkeit und Konstruktionsqualität und, und, und. Baukultur ist in aller Munde, ist förderungswürdig, ist Regierungsprogramm.

Doch Programm ist Programm und Regierung ist Regierung. Beides hatte noch nie viel miteinander zu tun, war das letzte Mal deckungsgleich, als Nero Rom abfackelte.

Heute lässt die Regierung eine Stiftung die Fahne der Baukultur vorantragen – ohne ihr zu folgen. Denn wenn ich die Baukultur fördern will, muss ich deren Protagonisten unterstützen. Das sind nach allgemeinem Dafürhalten die Architekten und in gewissem Umfang die Ingenieure. Sie sind es, die Bauen als Kulturleistung erbringen. Alle anderen verdienen am Bauen nur Geld. Das ist in Ordnung. Aber der Architekt bringt sie alle zusammen, organisiert, überwacht, moderiert. Das ist die Voraussetzung dafür, dass der schöne Entwurf so gebaut wird, wie der Baukünstler sich das ausgedacht hat. Dass die Details stimmen, dass die bestmöglichen Materialien verbaut werden, dass der Maler die richtigen Farben anmischt, dass das Geld reicht und dass die Termine eingehalten werden. Niemand sonst am Bau ist an diesen Qualitäten interessiert. Denn, s. o., die anderen wollen nur Geld verdienen. Das Dumme ist nur, dass der Architekt immer mehr Verantwortung und Einfluss abgeben muss, von der Projektsteuerung über das Controlling bis zur Bauleitung. Dennoch ist nur er es, der am Großen Ganzen interessiert ist, was ihn zu unbezahltem Engagement veranlasst. Und was machen die öffentlichen Auftraggeber? Prima, sagen sie, und nehmen ihn in Haftung.

Die Rede ist von einem Architektenmustervertrag, den Bund, Länder und Kommunen gemeinsam erarbeitet haben und in Zukunft für Vertragsverhältnisse mit Architekten zur Anwendung bringen wollen. Darin eine „Beschaffenheitsvereinbarung“, die nicht anderes bedeutet, als dass der Architekt die vorgegebenen Kosten, Qualitäten und Termine zu garantieren hat. Meist versucht man ihn zu zwingen, die aus politischen Gründen zu niedrig angesetzten Kosten zu garantieren. Er haftet mit seinem Vermögen bzw. seiner Versicherung, wenn eines dieser Ziele nicht erreicht wird. Auch ohne eigenes Verschulden. Z. B. wenn Firmen nicht rechtzeitig oder unkorrekt liefern. Wenn Fachplaner mangelhaft zuarbeiten. Wenn Firmen in die Insolvenz gehen. Aber auch, wenn der Auftraggeber selbst Fehlentscheidungen trifft und Planänderungen oder Verzögerungen zu verantworten hat.

Dann kann das Projekt nicht rechtzeitig abgenommen werden. Keine Abnahme, kein Honoraranspruch. So einfach ist das. Die Bundesbaubehörde BBR z.B. hat bereits mehrere Architekten in den Ruin getrieben, ohne Not und einfach so. Diese Mechanismen werden die Regel sein. Denn bei ausbleibenden Zahlungen liegt die Beweislast logischerweise beim Architekten, und der Rechtsweg kann dauern. Ministerialbeamte haben Zeit. Architekten müssen ihre Leute bezahlen.

Der Grund dieses Unsinns ist leicht zu begreifen. Die öffentlichen Auftraggeber sehen sich durch selbstverschuldet aus dem Ruder gelaufene Großprojekte wie BER, Elbphilharmonie, Containerhafen usw. in der Kritik und wollen sich absichern. Auf Kosten der Schwächsten, der selbstständigen Architekten.

Gewonnen ist damit nichts, denn am Ende sind die kleinen und mittleren Architekten pleite, die Kosten galoppieren trotzdem und nur die größten Architekten sowie die Unternehmer mit ihren fähigen Rechtsanwaltskohorten ziehen die Behörden nach wie vor über den Tisch.

Fragt sich nur, wo bleiben die Architektenkammern? Mit denen sind die Verträge nicht abgestimmt. Das hält die Öffentliche Hand offenbar nicht für notwendig. Eine schlagkräftige Standesvertretung mit vehementer Präsenz in Berlin wie die der Ärzte oder Rechtsanwälte, davon können die praktizierenden Architekten nur träumen.

Dieser Beitrag basiert auf einer Veröffentlichung im Momentum Magazin (09.10.2014).