Wir fahr’n fahr’n fahr’n, auf der Autobahn
Vor uns liegt ein weites Tal
Die Sonne scheint mit Glitzerstrahl
Die Fahrbahn ist ein graues Band
Weiße Streifen, grüner Rand
…
(Kraftwerk, Autobahn, 1974)
Diesem hypnotischen (Lebens-)Gefühl geben wir uns heute noch gerne hin. Kaum merken wir, welcher Wandel sich seit den letzten 40 Jahren vollzogen hat. Nicht nur, dass unsere Reisegeschwindigkeit zum Rhythmus nicht mehr passt, auch das „graue Band“ liegt nicht mehr mit „weißem Streifen“ im „grünen Rand“ sondern wurden durch technische Elemente der Sicherheit, Kontrolle und des Lärmschutzes abgelöst und mit Ausgleichsgrün garniert.
Immer ausuferndere Infrastrukturen der globalen Transport- und Kommunikationsflüsse begleiten scheinbar nur der Effizienz des Kapitals folgend den Fahrbahnrand. Die so entstandenen logistischen Landschaften (Kunert, Ngo, Archplus 205, S.11) entziehen sich jeglicher tradierten Gestaltungsvorstellung. Spätestens bei der Ausfahrt in einen sogenannten Autohof wünscht man sich eine gestalterische Logik, bei der die eigene Raumerfahrung Anschluss finden kann. Die lockende Fernwirkung der Rast verheißenden Werbetürme schicken einen vor Ort in ein orientierungsloses ungeplantes stresserzeugendes Nebeneinander von Nutzungen die alle zusammen das Potential zum städtischen hätten. Handels- und Dienstleistungsbauten (Essen, Trinken, Tanken, Reparieren, Lagern, Verteilen), Freizeitflächen (Erholen, Spielen, Gassi gehen) und Wohnnutzungen (Temporär im Motel oder im LKW, Hausmeisterfamilie, Angestellte) werden ohne nachvollziehbare Logik zwischen Stellplätzen, Asphaltwüsten und Straßenspuren verteilt.
Sind die Infrastrukturen längs der durch das Land führenden Straßen so denkfaul in die Landschaft gesetzt, weil sie scheinbar monokausal den Anforderungen der Ökonomie folgen? Sind gesetzlich erforderliche ökologische Ausgleichsmaßnahmen nur deswegen rein quantitativ und finden folglich soziale und gesellschaftliche Bedürfnisse auch kein Gehör?
Die Geschichte des Siedelns und Handelns hat aber gezeigt, dass immer dann Planung einsetzt, wenn die Logik der Strukturen, der Mehrgewinn für Handel und die Notwendigkeit nach Sicherheit erkannt wird, der Wunsch nach Repräsentation aufkommt und die sozialen sowie gesellschaftlichen Anforderungen an Dienstleistungen steigen. Dafür scheint die Zeit noch nicht reif zu sein. Das ist fatal, denn unsere sich im Wandel befindende Kulturlandschaft verlangt jetzt nach den richtigen vorausschauenden Gestaltungsmodellen für eine neue Qualität unserer gestiegenen Mobilität.
Auch wenn ich ein großer Freund von Kraftwerk bin, sehe ich doch die Geschichte des Siedelns und Handelns – wie von Frau Burgstaller beschrieben – etwas kritischer. Wir brauchen nicht noch mehr Regelungen durch verschiedene Gestaltungsmodelle, sondern tatsächlich (doch) mehr Gestalter, die auch den Mut haben, einmal Neues zu entwickeln, neue Wege einzuschlagen. Sicherlich gehört auch irgendwo immer ein Blick zurück dazu, doch rein nur auf immer neue Regeln zu schielen, ist, denke ich, der falsche Weg, denn es ist doch gerade MEHR Gestaltungsfreiraum, den wir brauchen.